Reisbach. Unsere Kinder wachsen in einer sehr komplexen und sich schnell verändernden Welt auf. Doch sie sollen auch wissen, dass sie die Zukunft selbst mitgestalten und verändern können. Doch wie vermittelt man das Kindern?
Ein gelungenes Beispiel dafür bietet die Maximus-von-Imhof-Mittelschule. Am gestrigen Freitag ist dort eine besondere Schulwoche zu Ende gegangen: eine „Woche der Gesundheit, Umwelt und Nachhaltigkeit“. Die Idee dazu hatte das Kollegium. Dem Wunsch folgte Schulleiterin Martina Huber gerne, denn es sei wichtig, diese Themen in den Fokus zu rücken und dafür zu sensibilisieren, sagt sie. Neben den regulären Unterrichtsfächern wie Mathematik, Deutsch und Englisch hatten die Klassen fünf bis neun Gelegenheit, eine Woche lang aus vielfältigen Angeboten auszuwählen, die von den beiden Lehrerinnen Franziska Altweck und Manuela Hötschl zusammengestellt worden waren.
Dabei durften die Klassen eigene Schwerpunkte setzen. Die beiden neunten Klassen legten den Fokus auf gesunde Ernährung. Besuche im Fitness-Studio und beim Cage-Ball rundeten das Thema „Gesundheit“ ab. Die Schüler der Klasse 5b begannen jeden Schultag mit einer Runde Morgensport und verzichteten auf gesüßte Getränke, während andere Klassen Yoga und Entspannungsübungen in den Unterricht einbauten.
Auch im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit engagierten sich die Jugendlichen. Für die Hochbeete der Schule wurden von den jüngeren Schülern schon mal Pflanzen in Balkonkisten angesetzt, während höhere Klassen den Fragen nachgingen, wie man Plastik im Alltag vermeiden kann oder wie es unseren Ozeanen geht. „Ich verstehe nicht, warum Joghurt meistens noch in Plastikbechern verkauft wird, wenn es doch auch Gläser gibt“, stellt Leonie fest. Ihre Mitschülerinnen Alissa, Maria, Lea und Katharina nicken. Sie finden gerade die Angebote zur Umwelterziehung „sehr cool“. Da würden sie echt viel mitnehmen, versichern sie.
Lea findet auch die Kronkorkensammlung toll. Die Schule sammelt Kronkorken und bekommt für jeden eine kleine Spende. Das Geld will die Schule dann dem Kinderhospiz Haus Anna spenden. Damit ist nicht nur der Umwelt, sondern auch Kindern geholfen. Die Reisbacher Bürger dürfen gerne mitsammeln und Kronkorken abgeben.
Die Lehrkräfte der Schule hatten die Woche auch die Gelegenheit, mit ihren Klassen am Vormittag mit Material der Hans Lindner Stiftung aus Arnstorf zu arbeiten, so wie die Klasse von Tobias Heß.
„Wir werfen pro Person und Jahr 82 Kilo Lebensmittel in den Müll.“ Christian kann es kaum glauben und schüttelt entrüstet den Kopf. „Das sind weltweit sogar 1,3 Milliarden Tonnen – unglaublich. Muss denn das sein?“, fragt er seinen Klassenlehrer. Der schüttelt den Kopf. Dafür seien Lebensmittel einfach viel zu wertvoll. Darin sind sich beide einig.
Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen
Doch viel Zeit, darüber nachzudenken, hat Tobias Heß gar nicht. Denn seine Schüler der Klasse 5a machen nach und nach spannende Entdeckungen rund um die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele der UN und wollen ihm diese auch zeigen. Die Klasse ist gerade im Musiksaal, den diese Woche neun Litfaßsäulen schmücken, auf denen die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen mit Beispielen dargestellt sind.
Leny und Michael zum Beispiel sind von der Litfaßsäule „Bezahlbare und saubere Energie“ nicht mehr wegzukriegen. „Das ist ja auch eine wichtige Frage“, sagt Leny und widmet sich wieder der Litfaßsäule zu. Drei Mädchen der Klasse gehen gerade die ökologischen Fußabdrücke durch, die in bunten Farben auf dem Boden liegen. Auf jedem ist eine Frage abgedruckt, die das eigene Konsumverhalten hinterfragt.
Konzentriert bei der Sache sind die Schüler auch in den Werkräumen. Dort sind an den Tischen Experimente aufgebaut. Ausprobieren ist da ausdrücklich erwünscht. An einem Tisch kann man herausfinden, wie viel Erdöl in der Plastiktüte vor einem steckt, an einem anderen erfährt man, wie viele verschiedene Plastikarten es gibt, von PP, PVC über LDPD hin zu PET. „Ich habe gar nicht gewusst, dass man so viel Plastik gar nicht recyceln kann“, empört sich ein Bub.
Kunststoff, den man recyceln kann, gibt es bei Lehrerin Franziska Altweck dafür in Hülle und Fülle. „Das waren mal Flaschendeckel aus Kunststoff“, sagt sie und nimmt ein paar bunte Kügelchen in die Hand. Die habe sie geschreddert von BMW bekommen. Auch die Spritzgussmaschine gehört dem Autohersteller, der die Maschine konstruiert und gebaut hat, um sie an Schulen auszuleihen. Initialzündung war die Zusammenarbeit mit angehenden Lehrkräften, die im Raum Landshut ausgebildet wurden. In Kooperation mit BMW ist nicht nur die Spritzgussmaschine entstanden, sondern auch eine Reihe an Experimenten.
Hans Lindner Stiftung und BMW unterstützen
Wer den Experimentierraum schon hinter sich hat, darf dann mit Franziska Altweck die Maschine befüllen, bedienen und flüssigen Kunststoff in kleine silberne Formen füllen. Und obwohl der Kunststoff auf 280,8 Grad erhitzt wurde – was man schon von weitem riecht – kühlt er in den Formen relativ schnell ab. So können die Kinder bereits nach wenigen Minuten neue Knöpfe, Lineale oder Spielfiguren mit nach Hause nehmen.
Nicht nur diese Erinnerungsstücke nehmen die Jugendlichen von dieser Woche mit nach Hause, sondern so viel mehr, zum Beispiel viele Impulse für einen gesunden Lebensstil und für einen nachhaltigen Umgang mit Natur und Umwelt. Auch wenn die Projektwoche zu Ende ist, die Begeisterung für die Themen Umwelt und Gesundheit sind es nicht. Und so werden schon eifrig Zukunftspläne geschmiedet. Die Hochbeete will man bald bepflanzen. Jede Klasse will Verantwortung für ein Beet übernehmen. Auch ein eigenes Bienenvolk wird bald einziehen.
Bericht und Fotos von Claudia Rothhammer
Die Klasse von Tobias Heß beschäftigte sich mit den 17 Nachhaltigkeitszielen.
Die Litfaßsäulen stellte die Hans Lindner Stiftung zur Verfügung.
Schulleiterin Martina Huber (Mitte) und die beiden Kolleginnen Manuela Hötschl (l.) und Franziska Altweck
haben die „Woche der Gesundheit, Umwelt und Nachhaltigkeit“ ausgerufen.
Gemeinsam mit Lehrerin Franziska Altweck durften die Schüler die von
BMW bereitgestellte Spritzgussmaschine bedienen.
Wie groß ist mein ökologischer Fußabdruck? Das interessierte die Fünftklässler.